„Gemeinschaftsfremde“, auch „Gemeinschaftsfremde Familien“ waren nach den Vorstellungen der nationalsozialistischen Ideologie Menschen beziehungsweise Familien, die nicht zu den „deutschblütigen, erbgesunden und geordneten“ Personen oder Familien zählten.
Der Begriff wurde insbesondere seit Kriegsbeginn, geprägt von Medizinern, zunehmend verwendet. Ein Gesetz zur physischen Ausmerzung von „Gemeinschaftsfremden“ konnte bis 1945 nicht mehr realisiert werden. Das Konzept war jedoch Leitgedanke eines Erlasses des Berliner Oberbürgermeisters Ludwig Steeg (NSDAP-Mitglied seit 1933) vom 13.01.1941, in dem er „Asoziale (Gemeinschaftsfremde)“ im „Sinne der Erbgesundheit“, die durch „eine anlagebedingte und daher nicht besserungsfähige Geisteshaltung fortgesetzt straffällig werden, arbeitsscheu, besonders unwirtschaftlich und hemmungslos oder Trinker sind oder durch unsittlichen Lebenswandel auffallen“ als „bewahrungsbedürftig“ einstufte.
In eine „Bewahrungsanstalt“ – in Frage kamen Arbeitshäuser, Konzentrationslager und „Jugendschutzlager“ – konnte auch ein Geschlechtskranker, ein an Tuberkulose Erkrankter und ein Geisteskranker eingewiesen werden.
Quelle: Hartmut Lehmann, Otto Gerhard Oexle (Hrsg.), Nationalsozialismus in den Kulturwissenschaften, Band 2, Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte, Vandenhoeck & Ruprecht, 1. Aufl. 2004, ISBN 978-3-525358-6-27